Die alten Urkunden

In den Veröffentlichungen der Historischen Kommission für Kurhessen und Waldeck „Klosterarchive (Regesten und Urkunden), II. Bd. (Klöster, Stifter und Hospitäler der Stadt Kassel und Kloster Weissenstein)“, Marburg 1913, bearbeitet von Johannes Schultze, findet sich unter Nr. 92 eine Urkunde vom 4. Mai 1319:

92. 1319 Mai 4.

Hermann Gysle, „proconsul“, Wernher Sydenswanz, Johannes Winnemari, Hartmann von Lemgo (Lemego), Wernher von Geismar (Geysmaria), Conrad Fridelant, Heinrich von Nordshausen (Nordershusen), Hermann Arnoldi, Heinrich Detmari, Conrad Bernonis d. ‚J., Helwich von Crumbach und Conrad von Hertingshausen (Hertingeshusen), „consules“ in Kassel (Cassle), beurkunden, daß Reinhard von Spickershausen (Spykersh[usen]) und Werentrudis, seine Gattin, ihre Mitbürger, einen jährl. Zins von 6 Schillingen, fällig zu Weihnachten am 27. Dez. (Joh. evang.) von ihrer Wiese unterhalb Kassel und Wolfsanger (Wlvesangere), an Alheydis Sydenswenzen, Nonne in Ahnaberg (Aneberg), verkauft haben. Die Verkäufer und ihre Erben dürfen diesen Zins auch auf einen anderen Besitz anweisen. – Siegler: die Aussteller mit dem Stadtsiegel. – Datum anno 1319, feria sexta proxima ante dominicam Cantate.

Was besagt diese uns im Original leider nicht zugängige Urkunde? Sie besagt – soweit es uns für die erste urkundliche Erwähnung des Ortsnamens von Spiekershausen interessiert, nur, dass am Tage der Erstellung des Pergaments ein Herr Reinhard von Spykersh(usen) mit seiner Frau auftrat und vor 12 (!) Zeugen („consules“) ein Rechtsgeschäft mit einer Nonne von Kloster Ahnaberg vornahm; dabei geht es um eine Wiese unterhalb von Kassel und Wolfsanger und einen jährlichen Zins von 6 Schillingen.

Die Terminologie der Urkunde regt fraglos zu vielerlei Gedanken und juristischen Überlegungen an – indessen wichtig ist für uns nur, dass es an besagtem Tage jemanden gab, der sich als Mann von Spiekershausen in der alten Ausdrucks- und Schreibweise unseres Ortes bezeichnete.

Die Existenz des besagten Reinhard und seine Herkunft sind auch noch durch weitere Urkunden derselben Publikation belegt:

156. 1338 Okt. 16.

Sifrid Sidinsvanz, Priester, bekundet, daß er die Äcker in den Feldern des Dorfes Wolfsanger (Wolvesanger), die einst dem Reinhard von Spickershausen (Spikershusen) gehörten, den Gütern, die Hildebrand von Simmershausen (Simeshusen) in seinem Namen (ex parte mei) bebaut, einverleibt. – Siegler: Bruder Johannes, Prior der Karmeliterbrüder des Hauses in Kassel (Kassle). – Anno 1338, ipso die Galli et Lulli confess.

166. 1341 März 21.

Heinrich Conradi, „proconsul“, Conrad von Hertingshausen (Hertingishusen), Conrad von Friedland (Fredelant), Heinrich Ditmari, Hermann von Bettenhausen (Bettinhusen), Helwich von Crumbach, Wernher Sydensvantz, Conrad Rudewig, Hartung der Meide (Ancillarum), Johannes Wilmari und Hedenrich Schoteman, „consules“ in Kassel (Cassele), beurkunden, daß d. Siffrid Sydensvantz seine Güter in Umbach, die einst Wernher Flyge gehörten, und seine Äcker in der Gemarkung Wolfsanger (Wolfirsangir), die einst Renhard von Spickershausen (Spichirshusen) gehörten, dem Propste, der Priorin und dem Konvente der Nonnen in Ahnaberg (Aneberge) zu dauerndem Eigentume übertragen hat. – Siegler: die Aussteller mit dem Stadtsiegel. – Anno 1341, feria quarta proxima ante Judica.

Im Zusammenhang mit weiteren Rechtsgeschäften erscheint der Name Spiekershausen ebenfalls in folgenden Urkunden:

530. 1515 Dez. 31.

Vor dem Notar verkaufen Ludwig Rencke und seine Frau Alheid, und Ludwigs Bruder Clawes Rencke und seine Frau Else, wohnhaft zu Spickershausen, an Mater und Konvent zum Ahnaberg (Aneberge) zu Kassel einen jährlichen Zins zu Weihnachten von 2 Gulden weniger 1/4 (eyn orth) aus einem Garten Ludwigs im „crutze sigen“, aus einem Acker oberhalb des Gartens und einem Acker in dem „crutze sigen“ in der „auve“, ferner aus 1 1/2 Acker Land des Klaus im „crutze sigen“ und aus der Mühle in der „auve“ für 26 rheinische Gulden Frankfurter Währung auf Wiederkauf. – Zeugen: Hans Eddeling und Leisterhen. – Siegler: Tilemann Gippers (Gibbers), „schultz“ zu Kassel. – Geschehen 1516, ind. 4., im 4. Jahre des P. Leo X., am letzten Tage des Dezember, auf dem „sprechhause“ zu Ahnaberg.

533. 1516 Sept. 25.

Vor dem Notare verkaufen Claus Reincke von Spickershausen (Spichershusen) und seine Frau Else an Mater und Konvent des Klosters zum Ahnaberg (Aneberge) 1 Goldgulden hessischer Währung Zins zu Michaelis, aus ihrem Hause, Grunde und ihrer Hofstatt zu Spickershausen, zwischen Hans Fesels und dem Kirchhofe gelegen, ferner aus einem Garten auf dem „fehewege“ und aus 2 Äckern Land bei dem „crutze“, die an Heinrich Steinfelds Land stoßen, für 15 rheinische Goldgulden auf Wiederkauf. – Siegler: Tilemann Gippers, „schultze“ zu Kassel. – Zeugen: Hans Huskoich, Schöffe, und Jacob Zeommerman, Bürger zu Kassel. – Geschehen 1516, ind. 4., im 4. Jahre des P. Leo X., am 25. Sept., auf dem Rathause zu Kassel.

Jedes Mal erscheint für Spiekershausen die wieder gegebene urkundliche Schreibweise, die variiert, und zwar

1319 Spykersh(usen)
1338 Spikershusen
1341 Spichirshusen
1377 Spichershusen
1515/16 Spickershausen
Die Variation der gesprochenen Ortsbezeichnung durch den jeweiligen Urkundenschreiber ist für uns interessant, aber für unsere Frage ohne materielle Bedeutung. Der Zusammenhang der Urkunden bestätigt, dass es sich um unseren Ort handelt: Der Name Spiekershausen wurde erstmals am 4. Mai 1379 urkundlich erwähnt.

Quelle Helga Haeberlin, erstmals veröffentlicht 1994 in der Festschrift zum 675-jährigen Jubiläum der Gemeinde, www.spiekershausen.de